„Das geht unter die Haut“ – Die Macht der Berührung

Bei offenem Fenster, mit genügend Abstand zwischen mir und dem Klienten, erzählte er mir von seinem Besuch im Pflegeheim, in dem seine Frau lebt. Sie saßen sich mit Maske gegenüber und sie wollte seine Hand nehmen. Er nahm seine Hand zurück, denn Berührungen sind nicht erlaubt. Noch eine Woche später, als er mir von dieser Situation berichtete, war seine Traurigkeit zu spüren.

Diese kleinen Berührungen, berührende Gesten, die uns vor dem auferlegten Mindestabstand, vielleicht gar nicht so bewusst waren, fehlen. Berührungen sind für unseren Körper, unsere Seele, unser Wohlbefinden, unser Leben so wichtig.

Jeder von uns kann sicherlich derzeit seine eigenen kleinen, alltäglichen Geschichten zu diesem Thema erzählen: Sei es die fehlende Umarmung mit einer Freundin oder einem Freund, die ungewohnte Situation jemanden nicht mit einem Händeschütteln zu begrüßen oder das unbedarfte Schulterklopfen unter Kollegen.

Die Sprache der Berührung

Mir ist bewusst, dass es auch die ungewollten, unerträglichen Berührungen gibt, doch hier und heute sollen die schönen und angenehmen im Vordergrund sein.

Berührung als Sprache kann in unterschiedlicher Form Ausdruck finden.

Worte der Berührung: Wir können sagen, dass uns etwas berührt „Das geht mir unter die Haut“ oder „Deine Worte berühren mich zutiefst“.

Körperliche Wortberührung: Worte sind oftmals begleitet von körperlichen Empfindungen, wie Herzklopfen, Gänsehaut, Kribbeln, Tränen. Unser Körper reagiert auf Worte, wird mit Worten berührt und zeigt Reaktionen, die auch direkt über unseren Tastsinn ausgelöst werden können. Auch direkte Berührungen können Herzklopfen, Gänsehaut und noch viel mehr auslösen.

Berührung als Sprache: Darüber hinaus können wir die Berührung als Sprache ohne Worte nutzen. Alles, was wir sagen, können wir auch mit Berührungen zeigen und verdeutlichen:

Die Macht der Sprache… die Macht der Berührung.

Auf die Hormone, fertig, los!

Das Hormon Oxytocin, aus dem altgriechischen „schnelle Geburt“, ist schon lange als Auslöser für die Geburtswehen und den Milcheinschuss bekannt. Heute auch über die Geburt und die Mutter-Kind-Beziehung hinaus, als Kuschel- bzw. Bindungshormon erwähnt.

Oxytocin wird frei gesetzt bei Berührungen, wie Streicheln, Massagen, Umarmungen und kann dabei so wunderbare Wirkungen haben:

Berührungen als Therapeutin

Das erste Gespräch, das erste persönliche Kennenlernen: Möchte mein Gegenüber mir die Hand geben? Oder weicht er aus? Ist der Händedruck zögerlich? Fest? Schon bei der Begrüßung hat Berührung eine Bedeutung.

Und ja, Berührungen sind durchaus Bestandteil der Gespräche mit meinen Klienten. In Form der Gestalttherapie, in der es so sehr ums Fühlen geht und ein lebendiges, gefühlnachgehendes Miteinander im Raum entstehen und so erkenntnisreich sein kann. Die Worte meiner Klienten sind oft Anlass den Sessel zu verlassen und die Worte lebendig werden zu lassen, so können die Menschen in dem Moment nachempfinden, spüren, was bei ihnen ausgelöst wird. Wenn Sie sagen, etwas drückt oder zieht an ihren Schultern, dann ziehe oder drücke ich. Ich halte Hände, wenn eine Last zu groß erscheint. Umarmungen zum Trost, aus Freude, als Halt. Behutsam, respektvoll und im gegenseitigen Einverständnis.

Ich bin nun schon seit einiger Zeit in ungeduldiger Vorfreude dieses gefühlvolle, lebendige, abstandsfreie und nahe Miteinander wieder in meiner Praxis leben zu können. Klar ist trotzdem, dass Therapie auch mit Abstand hilfreich und unterstützend ist, denn was bleibt, ist

Das ist doch wie eine Umarmung auf Abstand 🙂 Das sollten in der jetzigen Zeit unsere gegenseitigen Geschenke sein, das können wir geben und nehmen und es fühlt sich gut an.

Was brauchen Sie? Was würde Ihnen jetzt gut tun? Ich unterstütze und begleite Sie gern in dieser Zeit der Herausforderungen und Entbehrungen.

Ich freue mich auf Ihre Nachricht.